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Lilly Lindner, aus "Bevor ich falle", S.176

"Da war ich für die Dauer eines Augenblicks wortstill.
Denn schöne Sätze haben einen Ausklang verdient.
Ohne Unterbrechung."

Splitterfasernackt - Lilly Lindner

 01.12.2014

*NICHT-REZENSION*
Denn wir könnte man ein solches Buch bewerten?

Es gibt nicht oft Bücher, die einen absolut sprachlos zurück lassen. Die Autobiografie von Lilly Lindner gehört aber hundertprozentig dazu. In diesem Post versuche ich Worte für dieses Buch zu finden, Worte dafür, was es in mir bewegt hat.
Lange Zeit habe ich mich nicht an dieses Buch heran getraut, aus Angst vor dem was einen zwischen diesen Seiten und Worten erwartet. Doch nun ist es gelesen und ich kann sagen - es ist anders, als alles was ich erwartet habe.

"Lilly Lindner ist sechs Jahre alt, als sie vergewaltigt wird. Sie schweigt - im Nachhall der Gewalt. Der Mann zieht eines Tages weg, doch Lillys Leben ist längst aus dem Lot. Und so beschließt sie zu hungern - damit von ihrem geschundenen Körper möglichst wenig übrig bleibt. 
Sie nennt sich Ana und vergisst, dass sie ein Recht auf ihren eigenen Namen hat. 
Mit siebzehn Jahren zieht Lilly in eine eigene Wohnung, doch ihr Leben ist noch immer ein Trümmerhaufen. 
Schließlich beginnt sie in einem Berliner Edelbordell zu arbeiten, denn ihr Körper, so denkt sie, gehört schon lange nicht mehr ihr, warum nicht wenigstens Geld damit verdienen? Die zarte junge Frau, die wortgewandt, intelligent und sensibel zugleich ist, wird eine begehrenswerte Prostituierte." (innerer Klappentext)

In diesem Buch erzählt Lilly Lindner ihre aufwühlende, erschütternde Geschichte in mehreren Etappen mit unglaublich berührenden Worten.
Sie berichtet schonungslos von der Wahrheit - und schockiert damit immer wieder auf's Neue.
So manches Mal habe ich mich gefragt, wie so viel (Entschuldigung) Schei** einem Menschen, einem Mädchen wiederfahren kann.
Wenn man von Vergewaltigung hört, ist man immer geschockt, man schüttelt den Kopf über die Welt, aber nachvollziehen, was mit den Menschen innerlich passiert, denen diese Gewalt angetan wurde, kann man nicht mal ansatzweise.
Doch wenn man dieses Buch liest, bekommt man einen schonungslosen Einblick in die Gedanken, das Handeln und dessen Gründe von einer jungen Frau die das und noch viel mehr durchgemacht hat.
Und man bekommt Wut - nein wirklich Hass auf Männer, die so etwas tun. 

"Gewalt ist gnadenlose Nähe. Gewalt ist ungebrochene Macht.
Gewalt bedeutet spüren, dass man einen Körper hat.
Von Zärtlichkeit kann ich keine Geschichten schreiben.
Denn Zärtlichkeit ist ein ungelöstes Rätsel." 
- Seite 306

Man liest also Lillys Geschichte. Man erlebt ihren inneren Kampf, ihre Gedanken und ihre Entscheidungen. Man bekommt ihr Leben aufgezeigt, in so vielen Lebenslagen. Und die ganze Zeit hofft man auf ein gutes Ende für sie, auf das Ende, was sie sich immer wieder wünscht.

"Mein Lächeln wird zwar nie wieder so aussehen wie damals, als ich sechs Jahre alt war und die Wohnung meines Nachbarn noch nicht von innen kannte - mein Lächeln wird nie wieder so aussehen wie damals, als ich noch nicht vergewaltigt worden war.
Aber vielleicht.
Wird es eines Tages schöner."
- Seite 382

Auf diesem Weg lernt Lilly viele Menschen kennen - und der Leser selbst auch. Sie alle wirken tief gezeichnet, auch wenn sie noch so kurz vorkommen. Man hat das Gefühl sie selbst kennenzulernen.
Denn, obwohl Lilly soviel schlechtes, wirklich abgrundtief schlechtes erlebt hat, gibt es auch immer mal wieder schöne Momente.
Diese Autorin kann mit Worten umgehen - das gibt es kein zweites Mal auf der Welt.
Sie schreibt ihre eigene Geschichte nieder, mit so direkten Worten, ohne dass es überdramatisch und gekünstelt wirkt. Sie schafft es auf einzigartige Weise Emotionen und Gedanken und Geschehnisse und einfach alles zu beschreiben und übermitteln - dafür finde ich einfach keine Worte.
Man kann ihren Gedankengängen folgen und erfährt ihre Ängste.

Diese Frau hat meinen Respekt. Einfach nur Respekt. Vor dem was sie durchgemacht hat, wer und wie sie ist und wie sie ihr Leben meistert.
Ich bin mir sicher, dass dieser Post nicht annähernd ausreicht um das Buch zu "beschreiben" oder zum Ausdruck zu bringen, was man fühlt. Mit Sicherheit fehlt eine ganze Menge.
Deshalb - lest es selbst. Es ist schwere Kost - ja - wirklich - aber es ist absolut einzigartig und danach versteht man doch mehr als zuvor.

*weitere Zitate*

Eure <3

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