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Lilly Lindner, aus "Bevor ich falle", S.176

"Da war ich für die Dauer eines Augenblicks wortstill.
Denn schöne Sätze haben einen Ausklang verdient.
Ohne Unterbrechung."

Bob und Soleil: Irgendwohin, wo es wärmer ist

27.11.2013

Der erste Schnee war gefallen, dicht und schwer lag er über die Erde. Seine Kälte biss durch meine Schuhe in meine Zehen.
Mit den Zähnen klappernd ging ich zwischen einigen Bäumen hindurch und wurde von Schnee getroffen. Zu schwer für den Ast lag er nun auf mir und ich fröstelte noch mehr.
Ich seufzte und beobachtete wie mein Atem als weißer Geist vor meinem Mund aufstieg.
Dann setzte ich meinen Weg fort. Der Schnee glitzerte wie ein Meer aus Millionen von Diamanten.
Die Bank tauchte vor mir auf. Einen Moment blieb ich stehen.
„Hallo, Bob!“, sagte ich leise und lächelte zu ihm hinab, als ich neben ihm stand.
„Ich wusste es doch, dein Name passt!“ Wo es jetzt erst mal auf meinem Gesicht war, konnte ich es nicht mehr abstellen.
Immer noch lächelnd ließ ich mich neben ihm nieder.
„Hallo, Soleil!“, sagte er leise und schaute in die Ferne. Ich zog meinen Mantel fester um mich und musterte ihn von der Seite. Er war schmaler geworden. Seine Haut weniger strahlend, seine Haare noch dünner.
„Entschuldige, dass ich das letzte mal einfach gegangen bin“, sagte ich und war nun diejenige, die in die Ferne blickte. Mein Blick verschwamm und ich schüttelte leicht den Kopf.
„Das macht nichts“, sagte er und lächelte. Es war das schönste Lächeln, dass ich je gesehen hatte.
Die Tasche voll Glück, wie Bob es genannt hatte, hatte irgendwas in mir ausgelöst. Es war unbeschreiblich, ein Gefühl von nach Hause kommen, ein Gefühl von Sicherheit und Gewissheit, ein Gefühl von Vertrauen und Geborgenheit. Und vor allem hatte ich das Gefühl all das in Bob zu finden.
Ich wollte gerade den Mund aufmachen und was sagen, da kam er mir zuvor. „Aber jetzt habe ich endlich dein wunderschönes Lächeln gesehen, Soleil. Jetzt kann ich in Ruhe sterben.“
Irritiert runzelte ich die Stirn und drehte mich auf der Bank ihm zu. Meinte er das im Scherz, wie man das eben so sagte?
Obwohl er lächelte, war sein Blick so ernst und intensiv, dass mir irgendetwas daran keine Ruhe ließ. Als würde er es ernst meinen, als würde er bald sterben.
Wieder öffnete ich den Mund um etwas zu sagen und wieder kam er mir zuvor: „Winter sind schön. Ich würde gerne mehr davon erleben, mit mehr Schnee.“
Mit meiner behandschuhten Hand tastete ich über das Holz nach seiner Hand und umschloss sie sacht.
Lass uns woandershin gehen, irgendwohin, wo es wärmer ist!“, sagte ich und schaute auf unsere Hände.
Er lächelte wieder. Wir standen gemeinsam auf und machten uns Hand in Hand auf den Weg.
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Das Ende meiner Kurgeschichtentrilogie von Bob&Soleil. Mit diesem Ende habt ihr viel Spielraum in eurer Fantasie. Über Feedback freue ich mich natürlich.:)

Gute Nacht meine Lieben!
Eure <3

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